Angst in Praxis …

Marion Rosen, die Begründerin der gleichnamigen Körpertherapie beschreibt es so:
„Wir spannen gegen das, was gefühlt werden möchte“ und erklärt so das Entstehen und die Anwesenheit körperlicher Blockaden. In der therapeutischen (was so viel wie dienend bedeutet)  Begegnung spricht sie davon, dass das angemessene Berühren der Spannung ein Schlüsselpunkt ihres Ansatzes ist – um dann die gefühlte Bedeutung früherer „Verletzungen“ zu erfahren bzw. zu lösen.
In der Breema-Methode (eine weitere Körpermethode) geht es ebenfalls prinzipiell darum, das anzunehmen, was gerade ist, das eigene Körpergewicht und den Atem als Selbstreferenz zu erfahren und in dieser Absichtslosigkeit zu spüren, was sich im Kontakt zum anderen als nächster Impuls ergibt.
Das hat mich sehr ans Aikido erinnert. Ich war gerade in den Niederlanden und habe dort ein interessantes Seminar erlebt, an dem auch viele hochdekorierte Dan-(Meister)Grade teilgenommen haben. Ich konnte erleben, dass im Sinne der oben erwähnten Qualität einige (unabhängig von der Graduierung) sich (und den anderen) unerhört weich und zugleich wirksam bewegten, während andere formvollendet trotzdem in meinen Augen gewalttätig waren, ja, gar nicht anders konnten …
Also, welche Art von Berührung ist heilsam, löst Angst und  welche schafft Verletzungen, egal auf der Matte, in der Therapie oder sonst wo. Unabhängig davon, ob es um Worte, körperlichen Bewegungen oder sonst was geht. Was ist die Essenz, um die es geht?
Ich kann es für mich nur schwer in Worte kleiden … fühlen ist komplexer und zugleich viel genauer, differenzierter – vielleicht geht es um sowas wie den Wechsel vom denkenden zum fühlenden Geist (Mind). Dieser Weg beginnt da, wo dieser Artikel anfängt – in der persönlichen Praxis in der Wahrnehmung dessen, wogegen wir wie (abwehrend) spannen … Dazu heute nur ein Mini-Intro: Wenn Sie an diese Stelle kommen, dann stellen Sie sich nur zwei kleine Fragen:

  1. Hatte das (irgendwann mal) seinen Sinn?
  2. Ist das heute noch notwendig?

Einen entspannten Gruß
Herzlichst
Jürgen Weist

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Wie weiß ich, dass ich andauere …bin?

Vielleicht ein wenig verrückt ist die Frage, wie erzeugen Sie ein so genanntes Kontinuitätsgefühl? Wie wissen Sie, dass sich jetzt und jetzt und jetzt sind? 

Die meisten Menschen benutzten dafür das Denken. Kognito ergo sum oder so ähnlich. Ich denke, also bin ich … Diese gängige Praxis hat einen trennenden Nachteil. Wie George Spencer Brown mal angemerkt hat, ist die Fundamentaloperation des Denkens die der Unterscheidung. Sprich wer sein andauerndes Erleben, also die zeitliche Existenz übers Denken organisiert ist dazu „verurteilt“ die Dinge voneinander zu unterscheiden … immer mehr und weiter. Im Zen-Buddhismus ist das Denken oder der reflektive Geist ein gutes Werkzeug aber ein eher schlechtes Gefährt. Und wenn man keinen alternativen Bezugspunkt hat, dann wird das Nichtdenken (oder bloße Sein) zum angsterregenden, identitätsauflösenden Vorgang. 

So empfiehlt der amerikanische Zenmeister Richard Baker Roshi den Wechsel des Bezugspunktes. Z.B. vom Denken hin zu Atem oder Körper. Sprich die Wahrnehmung des Atems als Indiz für andauerndes Sein zu entwickeln. Das, so Richard Baker, ist eine Art Meta-Wechsel mit großen psychologischen Auswirkungen, z.B. hinsichtlich Achtsamkeit und einer Veränderung des Körper-Mind-Kontaktes. Das Ganze ist ziemlich grundlegender Natur, denn wir atmen schon lange, bevor wir (beginnen zu) denken … Ein Schritt weiter ist die Wahrnehmung selbst innerhalb des wahrgenommenen Phänomens. Ich sehe etwas, aber ich nehme auch die Wahrnehmung (Sehen) innerhalb des Prozesses dessen wahr, was ich wahrnehme. Ich nehme das Wasser wahr – ohne die Wellen. 

Viel Spaß beim Ausprobieren … und vielleicht machen auch Sie die Erfahrung, dass die bewusste Fokussierung des Atems Körper und Geist verbindet und tiefe Ruhe einkehrt … und Sie sich auf eine besondere Weise genährt fühlen. Vielleicht erfahren Sie dann auch, das unsere Aufmerksamkeit unser größter Schatz ist! 

Herzlichst 

Jürgen Weist 

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Kein (un)wichtiger Moment

Der deutsche Zen-Meister Willigis Jäger hat einmal fragend gesagt: „wenn die Erleuchtung nicht am Hauptbahnhof stattfindet, wo dann“?
Meine Variante ist da eher arbeitstechnisch: „Dojo (Übungsraum in den japanischen Künsten – übersetzt: Ort der Erleuchtung) ist everywhere …any time“.
Ich weiß, das klingt erst einmal anspruchsvoll … wie wäre es mit der These, es gibt keinen unwichtigen Moment in Ihrem Leben. Gerade immer jetzt findet eine Art Prüfung bzw. Bewährung statt. Kein Handeln, kein Tun ist unwichtig – immer ist es bedeutsam, wie und was Sie tun. Egal ob Ihr Partner, Ihr Kunde oder wer immer Sie nervt, Sie etwas Wertvolles verloren haben, Sie im Lotto gewinnen oder nicht, wie Sie atmen, Ihren Kopf halten – immer ist Ihre Haltung und Ihr Handeln von absolut tiefster Bedeutung  …

Nur noch wichtige, bedeutsame Momente, die Ihre ganze Achtsamkeit und Präsenz, den ganzen Menschen (er)fordern …
Ist verrückt, oder? Was meinen Sie dazu? Ich freue mich auf Ihren Kommentar.

Herzlichst
Ihr
Jürgen Weist

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Annehmen, was ist …

Im Rahmen der Ausbildung, in der ich als Trainer aktiv bin, sprechen wir im Rahmen eines systemischen Wochenendes auch über so genannte Metaprinzipien und Grundannahmen, die innerhalb von Systemen (Firmen, Organisationen, Familien usw.) wirken.

Das grundlegende Metaprinzip heißt: Das Gegebene muss anerkannt werden! Was ist? Was ist als gegeben hinzunehmen? Mit anderen Worten handelt es sich um das Prinzip der Nichtleugnung der Wirklichkeit, also die Frage: Was blende ich aus? Was nehme ich nicht wahr, was tilge ich?

Die meisten Menschen meinen, es ginge darum, zu etwas, was man nicht mag, ja zu sagen oder etwas Ungeliebtes zu akzeptieren. Nicht falsch, aber ich möchte noch einen kleinen Schritt weiter gehen. Wenn etwas in meiner Wahrnehmung, meinem Wahrnehmungsfeld aufgetaucht ist,  sprich ich es bemerkt habe, dann ist es bereits (an)erkannt. Dann innerlich zu sagen, das will ich (so) nicht – ist schlichtweg verrückt. Was mir wichtig ist: Dabei geht es nicht darum, etwas untätig über sich ergehen zu lassen … es geht ausschließlich darum, es als gegeben, als vorhanden anzuerkennen.
Jetzt aber der angekündigte weitere Schritt: Stellen Sie sich mal Fragen wie:

Was nehme ich nicht (ungern, selten) wahr?
Was blende ich aus?
Was will ich nicht wahrnehmen?
Versuchen Sie einmal, das Unsichtbare, Unhörbare usw. wahrzunehmen.

Wenn Sie das Pferd von hinten aufzäumen wollen, dann achten Sie mal auf die Realitätsaspekte und-bedingungen, an denen Sie bevorzugt festhalten.
Möge viel Neues in Ihr Wahrnehmungsfeld geraten …

Herzlichst

Jürgen Weist

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