Das Leben aushalten …

In einem Vortrag „Depression und Aggression“ beschreibt der Autor Wolfgang Büntig die nach seiner Begrifflichkeit „Normale Depression“ und nennt Kriterien, anhand derer wir für uns prüfen können, ob wir unser Leben hingebungsvoll leben oder möglicherweise nur aushalten.

Leitsymptome der alltäglichen Depression sind:

1. Verlust der Beweglichkeit (geistig/ körperlich)
2. Emotionale Hemmung (Lachen, Weinen, Mitteilung nach außen)
3. Stumpfheit in den Augen
4. Misstrauen (gepaart mit Anspannung),
5. Sprachhinweise (Vernichtende [sagen, was nicht ist -Beispiel: …ist ja nicht schlecht] und passive [vorwurfsvolle Gefühlsäußerungen – Beispiel: …das ist mir zu viel …] Sprachmuster),

Ziel dieser Lebenshaltung ist nach Büntig:

A. Zurückhaltung der Emotionen im Leib
B. Sie hilft, nicht zu fühlen (wenn das, was man fühlt zu schlimm ist, Leugnung dessen, was man fühlt),
C. Weiter zentraler innen drin dämpft es die innere Erregung (man erstirbt),
D. Die Depression bindet die Muskulatur (je mehr wir uns halten (zusammenreißen – desto weniger Aggression (um möglicherweise zu etwas oder jemanden zu gelangen oder uns gegen etwas zu stellen, was Sinn einer gesunden Aggression sein könnte).

Mal ehrlich, wer findet sich in dieser Beschreibung nicht wieder …?
Und was sagt uns das? Was vor allen sagt es Dir/ Ihnen?
Gibt es auch in Ihnen einen Teil, der irgendwie traurig ist/ wird/ werden könnte …?

Und … viel interessanter ist, was uns jenseits dieser alltäglichen Depression erwartet. Lebensfreude, Menschlichkeit und vieles andere mehr …

Okay, werden Sie vielleicht sagen, aber was sind die Wege hinaus? Ich glaube es geht zunächst erst einmal hinein! Lesen Sie doch jetzt noch einmal die o.a. Symptome. Finden Sie sich da wieder? Und was zum Himmel heißt den beispielsweise der Verlust der Beweglichkeit? Schauen Sie sich mal auf dem Bahnhof vorbeieilenden Menschen an. Oder wenn ich andere (oder mich selbst) beim Aikido spüre … reihenweise Unbeweglichkeit …! Die mich kennen, möchte ich jetzt an die kleine Armübung erinnern, die ich so gern mache …

Oder … emotionale Hemmung. Ist Ihre Kommunikation kongruent (stimmig) zu Ihren Emotionen …? Wirklich …? Wann sagen Sie ja, obwohl sie nicht möchten oder nein, obwohl sie es gerne täten (plus die Zwischentöne dazu).

Gleichzeitig sind das alles Wege (jedenfalls meiner Erfahrung nach) die uns aus dem gedämpften Feld der normalen Depression rausholen. Und vielleicht bekommen Sie einen Geschmack / eine Idee von dem, was wirkliche Präsenz (ich bin ganz da) möglicherweise ausmacht …

Es grüßt Sie / Euch ein normal depressiver Jürgen, der wie immer auf Eure/ Ihre Kommentare gespannt ist …

Herzlichst

Jürgen Weist

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Ohne Einfühlungsvermögen keine Harmonie …

In der Therapie und Beratung als auch in den Kampfkünsten begegnet mir die Ressource des EinfühlungsVERMÖGENS immer wieder als Basisvoraussetzung von Kontakt, welcher wiederum die Bedingung für Einflussnahme ist.

Jirina Prekop macht in Ihrem Buch „Einfühlung oder die Intelligenz des Herzens“ einen Unterschied zwischen Mitgefühl und Einfühlungsvermögen. Diesen Unterschied möchte ich Ihnen heute vorstellen.

Für Mitgefühl, so Jirina Prekop, könne man auch Sympathie sagen. „Sym“ bedeutet mit und „pathos“ Gefühl. Mitgefühl verlangt jedoch nicht, so die Autorin, aktives Handeln. Mitgefühl ist auf einer etwas niedrigeren Entwicklungsstufe angesiedelt, wo der Empfänger passiv bleiben und das Mitgefühl des anderen genießen kann. Frau Prekop beschreibt dazu das Beispiel, wenn Michael Schuhmacher in seinem Ferrari liegen bleibt, dann schreien Millionen mitfühlend auf, keiner kommt ihm jedoch zu Hilfe. Der Zuschauer fährt ja nicht real mit, sondern ist nur gefühlsmäßig bei ihm. So geht es uns mit den Massenmedien. Wir schauen zu, wie die Nächsten Hungern, flüchten oder sterben, muss aber nicht und kann auch nicht aktiv helfen.

Beeindruckend beschreibt Ciaramicoli den Unterschied zwischen Mitleid und Einfühlung : (..) die Einfühlung motiviert uns, aus Mitleid und Altruismus zu handeln. Mitgefühl ist eine Emotion, ist eine passive Erfahrung, Angst, Kummer, Wut und Freude eines anderen Menschen zu teilen. Mitgefühl bedeutet, dass wir mit-leiden oder mit-empfinden.

Einfühlung bedeutet aber, dass wir uns „hin-ein-versetzen“. Diese Unterscheidung mag zwar nicht bedeutsam aussehen, entspricht aber im ungefähr dem Unterschied, ob wir Öl und Wasser oder Milch und Wasser miteinander mischen. Beim Mitgefühl sind sind Öl und Wasser ganz nahe, berühren sich und wirken wechselweise aufeinander ein, behalten aber ihre jeweilige Identität – zwei Menschen begegnen sich mit ihren getrennten Erfahrungen. Bei der Einfühlung vermischen sich Wasser und Milch derart, dass jedes zum anderen wird und sie gemeinsam ein Ganzes bilden – zwei Menschen machen die gleiche Erfahrung.

Klingt doch gut, oder? Und was meinen Sie denn zu den Qualitäten Mitgefühl und Einfühlungsvermögen? Was macht für welche Situation Sinn? Sind das Aspekte, die in unserer Gesellschaft Raum haben? Wie sieht es da ganz spezifisch bei Ihnen aus? Wann haben Sie das letzte Mal Einfühlungsvermögen erlebt. Als Gebende(r) und auch Nehmende(r)?

Ich freue mich (wie immer) auf Ihre Kommentare und Hinweise.

Herzlichst

Jürgen Weist

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Tomorrow never comes …

Lautete der Titel eines Seminarflyers, den ich in meiner Post fand. In diesem Seminar geht es (so das Angebot) um das Leiden und die Illusion des Wartens – und über die Freiheit der Unmittelbarkeit.

Im Flyer selbst findet man ein Zitat des Mystikers Osho:
Hinausschieben ist eine der größten Beleidigungen Gottes … und der Existenz. Gott ist jetzt für Dich bereit!“

Warten, so der Text weiter, verweist uns immer auf später – niemals jetzt. Warten kreiert Unerfülltsein. Warten trennt – vom Leben und vom Tod. Spontane Äußerungen, direktes Handeln und einfaches Fühlen werden zugunsten eines inneren geistigen Konzeptes unterdrückt und verleugnet.

Das Warten, so die Anbieterin, wird in dem Seminar genau unter die Lupe genommen. Fragen wie:

Worauf warten wir?
Wozu dient das Warten?
Darf das Warten jetzt zu Ende sein?
Wie unterscheidet man den feinen Unterschied zwischen Reifung und Warten, Geduld und Ausharren, Empfänglichkeit und Erwarten? Sollen eine Antwort finden.

Manchmal, wenn Menschen (mit einer großen Gabe) sich dem Nichtstun hingeben, dann habe ich solche Personen schon manchmal ein wenig provokant als arrogant bezeichnet. Oder gerade diese Woche hatte ich Kontakt zu diversen Menschen, die sich mit teflonbeschichteten, selbstrettenden Erklärungen (meiner Meinung nach) sich davor bewahrten, sich einmal wirklich (auf sich und andere) einzulassen.

Als Beispiel fand ich bemerkenswert, die Erklärung eines Herren, der mir gegenüber angab, da er ja nicht wisse, wohin und wie Conzendo (mein Institut) sich in den nächsten zehn Jahren entwickele, ja, deshalb könne er jetzt ja auch keinen Kurs besuchen? Niemand kann das jetzt wissen und meine innere Frage war: „Worum geht es gerade wirklich“?

Heute fragte ich jemanden, was denn in seinem Leben passieren würde, wenn er/sie mal temporär alle Wenn und Aber wegließe? Was zum Himmel würde dann passieren?
Das immer Gleiche? Oder vielleicht was Neues, möglicherweise auch Risikoreiches.
Ich glaube diesen Prozess nennt man Leben … jenseits der Ego-Logik.

Vielleicht noch ein Zitat zum Abschluss von dem Aikidobegründer Morihei Ueshiba:“ Sie nennen es Angst – ich nenne einen Impuls zum Handeln“.

Bitte erinnern Sie mich daran, wenn ich mal in einer solchen Schleife (zu lange) hänge …

Mit einem Augenzwinkern grüßt Dich/ Sie herzlichst

Jürgen Weist

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Leben

(Aus Fernando Pessos „Buch der Unruhe):
(…) Nur wer nicht fühlt, leidet nicht; und die Höchsten, Edelsten und Vorausschauendsten sind diejenigen, die erleiden und durchleiden, was sie voruasgesehen und missachtet haben. Un das nennt man Leben.

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Innen und außen

Hermes Trismegistos hat (so glaube ich) mal den Grundsatz benannt, der da heißt:

Wie innen, so auch außen …

Eine Variante dieser Aussage, die mir immer wieder begegnet, lautet, wenn nicht innen, dann eben außen … Was meine ich damit? Lassen Sie es mich einmal an zwei Beispielen erläutern.

1. Beispiel: Wir beschäftigen uns gerade mit einem Thema, haben aber noch nicht wirklich Lust, es in uns zu klären. Dann begegnet es uns im außen, in Form von z.B. Konflikten, Ereignissen, Begegnungen usw. Meist erleben wir das in einer Version, die lautet: „Das passiert mir …“

2. Beispiel: In der Kampfkunst Aikido beginnt das Lernen der Techniken mit großen, weiten Bewegungen (außen), die im Verlauf der Reife immer kleiner werden und dann mehr und mehr von einer Art innerer Beweglichkeit ersetzt werden, sodass bei Fortgeschrittenen immer weniger im Äußeren zu sehen ist … was manchmal auf Zuschauer ganz merkwürdig wirkt.

Womit hat das zu tun? Und wozu könnte das gut sein?

Wenn Freund Hermes mehr als ich recht hat, dann gibt es auf der der Ebene keine wirkliche Trennung und wenn ich mehr und mehr in die Lage komme, die Dinge, Themen usw. innerlich zu bewegen, dann entsteht im Äußeren mehr Ruhe und weniger Bewegung. Wenn ich durch meinen Alltag gehe, dann ist der, den ich erlebe, davon manchmal noch weit entfernt. Die meisten von uns, suchen die Erlösung in äußeren Aspekten, nach der Devise: „Wenn erst das und das so und so ist, ja, dann endlich …“ und machen und tun …

Nicht, dass das völlig falsch wäre, ich halte es nur zunehmend für eine Illusion oder anders gesagt: Es ist nur auf einer bestimmten Bewusststeinsebene so bedeutend.
Vielleicht passt das Zitat von Lao Tse: „Im Nichtstun bleibt nichts ungetan“ auch in dieser Richtung.

Ich freue mich auf Ihre Kommentare …

Herzlichst

Jürgen Weist

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