21.09.2006
Das Leben aushalten …
In einem Vortrag „Depression und Aggression“ beschreibt der Autor Wolfgang Büntig die nach seiner Begrifflichkeit „Normale Depression“ und nennt Kriterien, anhand derer wir für uns prüfen können, ob wir unser Leben hingebungsvoll leben oder möglicherweise nur aushalten.
Leitsymptome der alltäglichen Depression sind:
1. Verlust der Beweglichkeit (geistig/ körperlich)
2. Emotionale Hemmung (Lachen, Weinen, Mitteilung nach außen)
3. Stumpfheit in den Augen
4. Misstrauen (gepaart mit Anspannung),
5. Sprachhinweise (Vernichtende [sagen, was nicht ist -Beispiel: …ist ja nicht schlecht] und passive [vorwurfsvolle Gefühlsäußerungen – Beispiel: …das ist mir zu viel …] Sprachmuster),
Ziel dieser Lebenshaltung ist nach Büntig:
A. Zurückhaltung der Emotionen im Leib
B. Sie hilft, nicht zu fühlen (wenn das, was man fühlt zu schlimm ist, Leugnung dessen, was man fühlt),
C. Weiter zentraler innen drin dämpft es die innere Erregung (man erstirbt),
D. Die Depression bindet die Muskulatur (je mehr wir uns halten (zusammenreißen – desto weniger Aggression (um möglicherweise zu etwas oder jemanden zu gelangen oder uns gegen etwas zu stellen, was Sinn einer gesunden Aggression sein könnte).
Mal ehrlich, wer findet sich in dieser Beschreibung nicht wieder …?
Und was sagt uns das? Was vor allen sagt es Dir/ Ihnen?
Gibt es auch in Ihnen einen Teil, der irgendwie traurig ist/ wird/ werden könnte …?
Und … viel interessanter ist, was uns jenseits dieser alltäglichen Depression erwartet. Lebensfreude, Menschlichkeit und vieles andere mehr …
Okay, werden Sie vielleicht sagen, aber was sind die Wege hinaus? Ich glaube es geht zunächst erst einmal hinein! Lesen Sie doch jetzt noch einmal die o.a. Symptome. Finden Sie sich da wieder? Und was zum Himmel heißt den beispielsweise der Verlust der Beweglichkeit? Schauen Sie sich mal auf dem Bahnhof vorbeieilenden Menschen an. Oder wenn ich andere (oder mich selbst) beim Aikido spüre … reihenweise Unbeweglichkeit …! Die mich kennen, möchte ich jetzt an die kleine Armübung erinnern, die ich so gern mache …
Oder … emotionale Hemmung. Ist Ihre Kommunikation kongruent (stimmig) zu Ihren Emotionen …? Wirklich …? Wann sagen Sie ja, obwohl sie nicht möchten oder nein, obwohl sie es gerne täten (plus die Zwischentöne dazu).
Gleichzeitig sind das alles Wege (jedenfalls meiner Erfahrung nach) die uns aus dem gedämpften Feld der normalen Depression rausholen. Und vielleicht bekommen Sie einen Geschmack / eine Idee von dem, was wirkliche Präsenz (ich bin ganz da) möglicherweise ausmacht …
Es grüßt Sie / Euch ein normal depressiver Jürgen, der wie immer auf Eure/ Ihre Kommentare gespannt ist …
Herzlichst
Jürgen Weist
Jürgen Weist, 21. September 2006, Allgemeines