Sprechendes Schweigen

Wie viele Worte,
wie viele Worte
müssen zwei Menschen
einander verstehend gesagt haben,
damit ihr Schweigen sagen kann,
was ihre Worte nicht sagen können:
noch nicht,
nicht mehr.

(werner sprenger)

Keine Kommentare

Pläne fürs neue Jahr …? Hoffentlich nicht!

Heute am 22.12.08 las ich der Tageszeitung die „Welt“ einen Beitrag … Ziele im neuen Jahr erreichen … schließen sie einen Vertrag mit sich selbst. Der Autor empfiehlt dann wichtige Wünsche in einen Vertrag mit sich selbst zu schreiben, dies unter Zeugen; mit Belohnung beim Erreichen und Strafe bei Scheitern.

 

Natürlich kann man/ frau das so machen. Vielleicht funktioniert das ja sogar … aber wie; was ist der Preis? In meiner Welt fühlt sich das irgendwie … Sch ???? an. In einen anderen Zusammenhang gebracht, wenn Sie mit jemandem einen solchen (ich nenne ihn jetzt mal)“Knebelvertrag“ abschließen, was sagt das über die Beziehungskonstellation selbst, Aspekte wie Vertrauen, Zuneigung usw. aus? Ein guter Bekannter hat mal gesagt: „Verträge werden geschlossen, damit man sie brechen kann …“.

 

Also nun meine Empfehlung: da man die Zukunft sowieso nicht planen kann. Planen ist immer eine Aktion im Jetzt, die die Zukunft auf der Basis der Vergangenheit zu bedingen versucht (Ängste schaffen Sorgen) – empfehle ich Ihnen:

 

„Nehmen Sie sich fürs neue Jahr nichts vor“! Planen Sie mal (alternativ) absolut nichts!

 

Hallo, ich habe nicht gesagt, dass Sie jetzt für den Rest des Lebens nichts mehr tun sollen; ich habe nicht gesagt, dass Sie Ihre Gelegenheiten nicht beim Schopf ergreifen sollen. Nichts von dem … meine ich, wenn ich davon spreche, keine Pläne zu machen.

 

Vielleicht können Sie ja mal probeweise dem Leben vertrauen (nicht mein Wille geschehe …) und dann ins Handeln kommen, wenn „es“ dran ist … Einen Schritt nach dem nächsten machend, spürend, ob jeder für Sie im Moment des Tuns stimmt. Volle Konzentration aufs jeweilige JETZT – weil wir da den größten Einfluss haben …

 

Möglicherweise erreichen Sie ja ungeplant mehr als … Sie denken …

Und wie sagte ein Kollege (Wolf  Büntig) sinngemäß:
Wenn wir das Denkbare realisieren, vermeiden wir oft das Mögliche …“.

 

Abschließend ein Text nach Werner Sprenger:

 

                                   Jedes Erlebnis,

                                   besteht nur aus der einen Hälfte
                                   aus dem Erlebnis.

Die andere Hälfte
besteht aus allen Worten,
die Dir (dazu) einfallen.

 

 

Ihnen ein erfolgreiches neues Jahr …

 

Herzlichst

 

Jürgen Weist

 

P.s. Wie immer freue ich mich auf Kommentare. Wenn Sie vielleicht doch was planen möchten, dann möglicherweise, mir mehr auf meine Texte zu antworten …*grins*

 

Keine Kommentare

Unser Selbstbild – eine tief greifende Illusion?

Inspiriert durch einen Vortrag von Franz Rupert zum Thema Konfliktlösungen, möchte ich einiges zum Thema Selbstbild und seiner Funktion aufschreiben. Manches davon klingt vielleicht beim ersten Lesen „verrückt“ … aber Sie wissen ja, einfach mal ausprobieren und wahrnehmen, was passiert.

 

Die Hauptthese lautet:

Jeder von uns hat eine Art Idee davon, wer wir sind (das Selbstbild). Dieses Selbstbild wechselt  – beeinflusst von z.B. Zuständen und Situationen.

Franz Rupert nennt das Selbstbild eine geschönte Propagandaversion unserer Persönlichkeit (unseres Charakters). Es zeigt nicht, was wir sind, sondern eher wie wir uns sehen wollen! Es ist quasi eine idealisierte Selbsttäuschung.

 

Es hat u.a. folgende Funktionen:

 

1.  Es zeigt uns nicht die Wahrheit, sondern soll uns helfen, mit uns zu leben. Es verhilft uns dazu, uns zu mögen (Aspekt der Versöhnung). Verachtung und Schmerz – meist eigener-  werden kompensiert.

2.  Unangenehmes/ Abgelehntes wird massiv ausgeblendet
(Formulierung: Ich bin auf keinen Fall … X, Y oder Z.). Hier wird deutlich, dass das Selbstbild eine Art Hinweis auf fehlende Selbstakzeptanz ist.

3.  Insbesondere bremsende Ambivalenzen/ Unstimmigkeiten  werden ausgeblendet (Folge : Wir fühlen uns gut – das schafft Empowerment im Alltag – wir bleiben handlungsfähig).

 

4.  Skrupel im eigenen Vorgehen (z.B. in Beziehungen)  werden auf ein Minimum reduziert. Auch hier geht es um Handlungsfähigkeit, aber auch die Beziehungsfähigkeit wird deutlich.

5.  (Eigene) Lebenslügen werden ständig wiederholt und so zu einer Art Fortschreibung (meist geht es um Fremdzuschreibungen), was und wer wir sind (stellen Sie sich vor, wir wären – in Maßen – immer „frische Persönlichkeiten“?).  Oder wir wären in der Lage uns so wahrzunehmen, wer oder besser wie wir sind …

 

Kurios finde ich die Unterthese, dass das Selbstbild umso verzerrter, ja täuschender ist, je besser (Position, Stellung, Verantwortung) es uns geht. Es gibt eine Untersuchung, in der Uniprofessoren gefragt wurden, in welche Gesellschaftsstufe sie sich selbst einordnen würden. 60-70% zählen sich dabei zu den 1% Bedeutesten der Gesellschaft. Unglaublich, nicht wahr?

 

Wir scheinen eher in Krisen, Krankheiten und Konflikten dazu zu neigen, unser Selbstbild ein wenig realistischer zu konstruieren. Also, wenn das übliche Selbstbild leidet, nähern wir uns der Wirklichkeit an … werden vielleicht ein wenig durchlässiger für das Wesen, unsere Berufung oder wie die Systemiker meinen: Wir werden zu einem offeneren System …

 

Für BeziehungstheoretikerInnen unter noch ein „Nachschlag“ zum Nachsinnen:

Wenn die Person (die wir aufgrund unseres Selbstbildes darstellen) geliebt, geachtet usw. wird, dann ist oft (unbewusste) Verachtung die Folge. Und zwar Verachtung durch denjenigen, der ich wirklich bin.

 

 

Fazit:

Die Frage: Wer oder was sind wir wirklich bleibt uns erhalten. Ich hoffe, mein kleiner Beitrag bringt Sie in Bewegung. Mich haben die Ideen dazu eingeladen, eher nicht mehr so viel zu glauben, wie ich bin – mich viel leidenschaftsloser (im doppelten Sinne) wahrzunehmen. Ernüchternd, spannend, belebend … und vieles andere mehr.

 

 

Ihnen ein frohes (aber nicht ideales) Weihnachtsfest 2008.

 

Freue mich auf Ihre Ideen in den Kommentaren …

 

Jürgen Weist

 

 

P.s. Im Businessbereich ist die o.a. Qualität gerade unter dem Begriff „Self-Deception“ in Mode gekommen.

P.s.s:    Ein Bild dazwischen …

Während ich von mir träumte,
was ich nie sein sollte,
schließe ich die Augen weit,
um ja nicht mich zu sehen,
wer ich wirklich wie bin …

 

 

Keine Kommentare

Die Illusion des freien Willens …

Ergänzend zu meinem Beitrag vom 20.9.08 (Denken hilft zwar, nützt aber nichts …) noch ein paar aktuelle, ergänzende Zeilen.

 

Immer wieder begegnen mir Menschen, die irgendwie der Idee huldigen, dass Sie Dinge in Ihrem Leben entscheiden müssten bzw. könnten. Mein momentaner Lieblingssatz zu einer solchen Haltung ist: „Das ist nicht falsch, aber auf keinen Fall richtig …“.

 

Okay, wie bekomme ich die Katze dazu, sich in den Schwanz zu beißen? Also, wenn ich an Entscheidungen glaube, dann glaube ich doch auch an Logik; bin realistisch usw., nicht wahr?

 

Okay. Dann folgen Sie mir doch einmal zu den folgenden Überlegungen.

 

Ein Taschenbuch, das ich Anfang der 90er verschlungen habe war/ ist:

Spüre die Welt. Die Wissenschaft des Bewußtseins von Tor Noerretranders von Rowohlt, Reinbek.

 

Dort werden u.a. die Arbeiten von Charles Benett und Benjamin Libet erwähnt. Auf den Punkt gebracht hatten deren Untersuchungen gezeigt, dass der Verstand ungefähr 0,5 Sekunden nach dem Handeln meint, er träfe die Entscheidung zum Handeln. Noch mal zum inneren Mitschreiben:

Die Entscheidung folgt immer der Handlung!

 

Angekommen? … was das bedeutet. Wirklich? Denken, sinnen, spüren Sie dem einmal nach, was dann wahr ist, wenn diese Untersuchungen wirklich wahr sind …

 

Weitere Untersuchungen/ Hinweise/ Experimente (über das eingangs erwähnte Buch hinaus) finden Sie in den den folgenden (Taschen)Büchern, die ich gerade genieße:

 

Unmittelbare Transformation: Lebe im Augenblick und nicht in Gedanken:  Autoren: Kane und Shya Kane. Ein wenig buddhistisch angehaucht und ziemlich gut für die eigene Alltagspraxis, denn die Autoren weisen auf, wie wir uns selbst (mental) im Weg stehen.

 

Blink!: Die Macht des Moments von Malcolm Gladwell und Jürgen Neubauer von Piper. Adaptives Bewusstsein oder wie wir in der Lage sind (nach dem Pars pro toto-Prinzip) in Sekundenschnelle gute Situationsbewertungen hinzubekommen, die besser als die von Experten sind.

 

Und wenn das stimmt, was ist denn dann? Keine Entscheidungen mehr …? Bin ich dann überhaupt noch alltagstauglich? Wie soll das denn gehen?

 

Dazu ein paar Ideen und eine Anmerkung. Die Anmerkung: Die Illusion der Entscheidung ist letztlich Ausdruck unseres Bewusstseinszustandes. Leidenschaftslos gesagt: Nicht mehr und nicht weniger … im Sinne von in unserem Verhalten werden wir uns tatsächlich und wahrhaftig deutlich. 

 

Ideen und (Buch)Empfehlungen für Leute, die jenseits der Entscheidungen fündig werden möchten:

 

Natürlich weisen auch die o.a. Bücher bzw. deren Autoren auf mögliche „Lösungen“ hin. Darüber hinaus empfehle ich Ihnen das (Taschen)Buch von Antonio Damasio mit dem Titel „Descartes` Irrtum (Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn), dtv-Verlag.

 

Und stöbern Sie gern in meinem BlogArchiv, dort gab es schon vor einigen Jahren Beiträge zum Thema: Ein Leben ohne Entscheidung, die Macht des Denkens usw.

 

Heute möchte ich gern mit drei hoffentlich passenden Zitaten poetisch enden:

 

Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen,

aber das Herz kann uns sagen, was wir tun sollen.

(Joseph Joubert) 

 

Wenn das Herz denken könnte, dann stünde es still. (Fernando Pessoa)

 

Weil ich den Gedanken beim Wort nehme, kommt er. (Karl Kraus)

 

 

Vielleicht ist ja in diesem Beitrag etwas für Sie verborgen, was (enthüllt) Ihre Bewegung im Jahr 2009 inspiriert …

 

Herzlichst

 

Ihr

 

Jürgen Weist

 

P.s. Sie wissen ja: Anmerkungen, Widersprüche, Fragen usw. sind herzlich willkommen …

 

Keine Kommentare

In einer bestimmten Situation eine bestimmte Fähigkeit besitzen …

 

 

Kennen sie diesen oder einen solchen Wunsch? Zum Beispiel in einer Konfliktsituation gelassen bleiben usw.

Doch meist bleibt es in dieser Form ein frommer Wunsch, sprich das Vorhaben allein scheitert meist.

Es stellt sich also die Frage: Wie bringe ich zuverlässig die/eine Fähigkeit in die/ eine gewünschte Situation?

 

Meines Erachtens gibt es einen einfachen Königsweg. Er besteht schlichtweg darin, dass ich die gewünschte Fähigkeit generell (in ganz anderen Situationen als der Gewünschten) übe. Am besten sogar dort, wo sie scheinbar nicht notwendig erscheint. Sprich in dem o.a. Beispiel könnte ich die Gelassenheit beim Essen, Gehen, Zähneputzen usw. üben. Da kommt die Fähigkeit auf „leisen Sohlen“ in mein Leben. Dann im Fortgeschrittenen-Modus kann ich mich dann immer mehr der Wunschsituation annähern … und sie werden merken, wenn Sie Ihre Fähigkeit „so“ grundsätzlich üben, dann ist sie schließlich in Ihrem ganzen Leben anwesend. Meist braucht es dafür Zeit. In der Regel reichen sechs Wochen. Sonst (wenn Sie eine alte Fähigkeit durch eine Neue ersetzen möchten) rechnen Sie als Faustformel mit einem Zehntel der Zeit, die Sie zum Einüben des „Alten/Bisherigen“ investiert haben. Also wenn Sie 10 Jahre X gemacht haben und wollen jetzt Y einüben, dann rechnen Sie durchaus mit einem Jahr.

 

Ergänzende Anekdote: Der Begründer des Aikido (Morihei Ueshiba) soll seinen Schülern einmal die Gesichte eines Kampfkunstmeister erzählt haben, der getötet wurde, als er betrunken war …

 

Was ich damit meine? Ist doch klar, oder? Ich bin sicher, Sie kommen drauf …

 

Herzlichst

 

Ihr

 

Jürgen Weist

Keine Kommentare