30.10.2003
Sich abgrenzen … heißt Grenzen ziehen
Vor einigen Tagen war ich Teilnehmer in einer Runde von Menschen, die im weiteren Sinne therapeutisch tätig sind. Als es um darum ging, inhaltliche Themen zu schöpfen, kam immer wieder die Frage, wie grenze ich mich in der alltäglichen praktischen Arbeit ab.
Ich fand dieses Bedürfnis zunächst ungewöhnlich – die Frage hat jedoch in mir nachgewirkt. Als ich am nächsten Morgen mein Aikidotraining beendete, kamen mir zu dem Thema einige Gedanken:
was heißt es denn mich abgrenzen zu müssen, etwas nicht auszuhalten, das Gefühl zu haben „es“ wird zuviel, zu intensiv, zu schwer, tut weh, ist unangenehm usw.?
Mit meinen Erfahrungen aus den Beratungen und den Kampfkünsten habe ich –in meinem Erleben – eher die Erfahrung gemacht, dass es meine Grenzen sind, die die o.a. Gefühle entstehen lassen. Ich kann das Thema nicht ertragen oder bin an einer anderen Stelle festgefahren, blockiert und dergleichen. Etwas, ein äußerer Impuls
( ein Klient, eine Bemerkung, ein Angriff auf der Akidomatte ) bringt mich aus dem ( inneren und äußeren) Gleichgewicht, bringt mich an meine Grenze. Grenzen haben, zumindestens in meinem Leben, meist eine feste, ja statische Qualität – man kommt in seinen inHALT !
Wenn das jetzt akut passiert, ist das „Sich-abgrenzen“ sicher eine Möglichkeit und kann momentan gut und richtig sein. Doch lang- und mittelfristig erscheint mir bedeutsam, Grenzerfahrungen möglichst als Wachstumsimpulse zu nutzen. Nicht umsonst beschreibt Ken Wilber Grenzenlinien als die Stellen an denen sich Konflikte „entzünden“. Das gilt in Nahost, in Beziehungen als auch in mir selbst.
Gute Erfahrungen habe ich in meinem Leben damit gemacht, ob im Aikido oder auch sonst, an diesen Stellen ( wo ich an meine Grenzen komme), zu entspannen, durch – lässiger zu werden, mitzugehen, nachzugeben, so dass wieder Frei- oder Bewegungsräume entstehen können und der Impuls (möglichst ohne Widerstand) durch mich hindurchfließen kann. Eben immer so gut es gerade geht …
So genutzt verwandeln Sie Ihre Grenzen in potenzielle Flexibilität und das Bedürfnis sich abgrenzen zu müssen wird möglicherweise zum Ausnahmemodell …
Unter mehr lesen Sie eine ganz praktische Erfahrung von mir, die mir am Dienstag, dem 28.Okt.2003 passiert ist … und nächste Woche werde ich etwas über die Magie der Dankbarkeit schreiben.
Jürgen Weist, 30. Oktober 2003, Allgemeines